Im Frauengefängnis Hahnöfersand bei Hamburg sitzen Frauen ein, die eine Straftat begannen haben und dafür mit einer langjährigen Haft bestraft wurden. Es ist ein schwieriger Ort und dennoch habe ich hier etwas gefunden, wonach ich gesucht habe: eine Aufgabe, die mich erfüllt und mir eine Chance gibt, meine persönlichen Interessen und beruflichen Erfahrungen zu sammeln und in den Dienst einer guten und wichtigen Sache zu stellen.

Was mache ich? Seit gut vier Jahren fördere ich inhaftierte Frauen in ihrem Selbstwertgefühl und ihrer Sozialfähigkeit, indem ich ihnen Welpen anvertraue, die auf eine Ausbildung als Blindenführhund vorbereitet werden. Ein gemeinnütziger Verein ‚Hundebande’ ist entstanden und trotz vieler Widerstände und Herausforderungen ist es gelungen, einen zweiten Standort in Hamburg aufzubauen.

 

Mein Weg zur Hundebande

Schon während meines Studiums der Sozialpädagogik interessierten mich Menschen, die abseits der Gesellschaft stehen. Ich absolvierte verschiedene Praktika, u.a. in New York in einer Langzeittherapieeinrichtung für Drogenabhängige. Hier sah ich, wie aussichtsvoll Behandlungsmethoden sein können, die bei vorhandenen Potentialen ansetzen. Diese Erkenntnis wurde 100% in meiner damaligen Diplomarbeit bestätigt: Ich verteilte Einwegkameras in der Wiesbadener Wohnungslosen-Szene mit der Aufgabenstellung, die eigene Lebenswelt zu dokumentieren. Das Ganze mündete in einer öffentlichen Ausstellung im Wiesbadener Schloss Freudenberg, zu deren Eröffnung weit über 500 Besucher kamen und die Aussteller selbst durch die Ausstellung führten!

In Menschen Potentiale zu fördern und ihnen damit Hoffnung und Selbstbewusstsein zu geben, wurde zum Grundsatz meiner pädagogischen Arbeit. Kein einfacher Weg, da wenig vernetzt gearbeitet wird und der Bereich eher klassisch als innovativ einzuschätzen ist. Aber Hindernisse spornen mich immer wieder an und es ist mir sehr wichtig, meinen Platz in der Gesellschaft zu finden. Oft muss man sich auch auf Nebenstraßen bewegen und ich habe zur Ergänzung meines Erststudiums Kunstgeschichte und Psychologie studiert.

Nach einem Wechsel des Studienortes bin ich schließlich als studentische Aushilfe bei der Hamburger Werbeagentur Kolle Rebbe gelandet. Einer der Agenturchefs, Stefan Kolle, entdeckte bald mein organisatorisches Talent und stellte mich fest ein, um ihn bei den zahlreichen Wettbewerben, die in der Werbung üblich sind, zu unterstützen. Ich arbeitete sechs Jahre bei Kolle Rebbe.

 

Die Hundebande – meine Bestimmung

Doch mein Grundmotiv zum zivilgesellschaftlichen Engagement blieb und mein Wunsch, meiner Bestimmung Gehör zu finden, wurde größer. So fasste ich Mut und kündigte vor fünf Jahren, um mich der Aufgabe zu verschreiben, die mich heute erfüllt. Angeregt durch den Kinofilm ‚Underdogs’ und ein Gespräch mit Astrid Barth (ehemalige Leiterin der Sozialtherapie in Bergedorf) verfasste ich das Konzept zur Hundebande. Sie vermittelte den Kontakt zum Frauengefängnis auf Hahnöfersand und als die Leiterin Interesse signalisierte, konnte ich mit der Umsetzung beginnen. Ich hatte Glück und konnte schnell die Körber-Stftung, den HSV und andere gewinnen, mich finanziell zu unterstützen. Wie bei vielen sozialen Start-Ups reichte das kaum aus, um meinen Lebensunterhalt zu sichern und ich lebte fast drei Jahren von meinen Ersparnissen.  Heute bin ich froh, dass ich durchgehalten habe! Auch wenn ich mit der Hundebande immer noch weit entfernt davon bin, ein Geschäftsmodell gefunden zu haben, was den wichtigen sozialen Auftrag nachhaltig sichert, glaube ich fest an die Sache und blicke voller Stolz auf das, was ich bisher geschafft habe! Und unsichere Zeiten wie ständige Herausforderungen halten mich nicht davon ab, weiter zu wachsen und Menschen, die ihren Platz in der Gesellschaft verloren oder nie gefunden haben, Halt zu geben und sie mit Orientierung, Selbstvertrauen, Zuversicht und Wertschätzung zu begleiten.